Teufelchen im Kopf – kognitive Dissonanz

Ein gesundheitsorientiertes Training ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf. Nur wer dauerhaft einen aktiven Lebensstil pflegt, wird den grossen Nutzen des Trainings gerade mit zunehmendem Alter spüren. Wer nicht durchhält, wird schnell als zu faul abgestempelt. Aber welches Verhaltensmuster steckt wirklich dahinter?

«Wer kennt ihn nicht, diesen inneren Konflikt, wenn unser Handeln nicht mit unseren Zielen übereinstimmt. Um diese Spannung zu lösen, neigen wir dazu, unser nicht zielführendes Handeln zu rechtfertigen, anstatt ‹am Ball zu bleiben.›»

Der Stress des vergangenen Jahres hat Herrn B. Quem zugesetzt. Sein Rücken schmerzt bei jeder Bewegung. Die Anzeige auf der Waage zeigt seit Neustem drei Zahlen vor dem Komma, und die Treppe in den zweiten Stock kommt ihm vor wie der Aufstieg auf den Mount Everest. Mit gutem Vorsatz für das Jahr 2024 hatte er sich im Januar hoch motiviert im Fitnesscenter angemeldet. Anfangs tat ihm das gut, und er fühlte sich nach jedem Training besser. Aber nach einigen Wochen kamen ihm Zweifel. Wie sollte er bei dem Stress überhaupt Zeit finden für den Besuch im Center? Der Job, seine Frau, die Kinder, der Hund, das Haus mit grossem Garten, die Jungs vom Computerklub … alles zusammen geht nun mal nicht. Deshalb war seine Entscheidung, nicht mehr ins Training zu gehen, durchaus berechtigt.

Sicher kennen auch Sie den einen oder anderen Herrn B. Quem. Schnell werden diese Menschen als «zu bequem» oder gar als «zu faul» vorverurteilt. Das psychologische Muster, das hinter dem Trainingsabbruch steht, ist in der Sozialpsychologie hinlänglich bekannt und wird als kognitive Dissonanz bezeichnet.

1954 schleuste sich der amerikanische Sozialpsychologe Leon Festinger in eine Sekte in Wisconsin ein. Die Anhänger waren fest davon überzeugt, eine Sintflut würde am 21. Dezember dieses Jahres alles Leben auf der Erde vernichten. Nur sie selbst würden von Ausserirdischen gerettet. So prophezeite es ihnen ihre Anführerin.

Am Stichtag passierte, was passieren musste: gar nichts. Es gab nicht einmal Regen, von Aliens keine Spur. Doch die Gläubigen rieben sich nicht etwa die Augen und entlarvten den Humbug – sondern sie fühlten sich sogar in ihrem Glauben bestätigt. Sie argumentierten, Gott habe nur ihren Glauben prüfen wollen. Festinger entwickelte daraufhin seine Theorie der kognitiven Dissonanz, um zu verstehen, wie Menschen mit Widersprüchen zwischen ihren Überzeugungen und ihrem Handeln umgehen.

Herr B. Quem erlebt diese innere Spannung, die entsteht, wenn Anspruch und Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Menschen streben generell nach einer ­möglichst grossen Übereinstimmung zwischen ihrem Handeln und ihren Absichten. Beim Handeln gegen persönliche Werte und Absichten entstehen schnell Gewissensbisse. Um diese zu verringern, also die Dissonanz zu reduzieren, wäre es das Einfachste, regelmässig ins Training zu gehen.

Da wir eingefahrene Gewohnheiten ungern aufgeben, ist es leichter, Widersprüche kleinzureden oder gezielt Informationen zu suchen, die das abweichende Verhalten in ein besseres Licht rücken: Gab es da nicht diese Studie, die zeigte, dass zu viel Training auch schlecht für das Herz sein kann? Und zweimal die Woche ins Training, das bringt doch ohnehin nichts! Ausserdem bin ich gar nicht zu dick! Immerhin gehe ich zweimal pro Tag mit dem Hund spazieren! Und die neuen YouTube-Videos fürs Training im Wohnzimmer sind doch auch ganz gut …

Wir rechtfertigen also unser Verhalten nicht nur vor anderen, sondern auch vor uns selbst, indem wir unsere zuvor gefassten Überzeugungen ändern, um alte Verhaltensmuster beibehalten zu können. Es liegt auf der Hand, dass es einfacher ist, sich das Nichttrainieren schön zu reden, als den Willen aufzubringen, regelmässig ins Training zu gehen.

Es gibt verschiedene Ursachen für kognitive Dissonanz. Im Fitnesstraining treten die folgenden beiden am häufigsten auf:

«Setzen Sie gemeinsam mit ihrem Gesundheitscoach realistische Zwischenziele. So bleiben Sie im Trainingsprozess und können regelmässig Trainingserfolge feiern.»

Vorstellung versus Realität
Stellt es sich heraus, dass das mit dem Erreichen des Ziels verbundene Training schwieriger ist als erwartet, kann es zu einem Konflikt kommen. In vielen Fällen ist es so, dass konkrete Vorstellungen von Trainingshäufigkeit und Trainingsintensität weit von der Realität entfernt sind.

Im Training ist es daher umso wichtiger, neben dem motivierenden Hauptziel viele realistische Zwischenziele zu setzen, diese zu kontrollieren und auch zu feiern! Das verlangt Vertrauen in den Trainings­prozess, auch dann, wenn in den ersten Wochen noch keine weltbewegenden Ergebnisse zu verzeichnen sind.

Enttäuschte Erwartungen
Auch bei nicht erfüllten Erwartungen kommt es zu kognitiver Dissonanz, besonders dann, wenn die Ziele innerhalb des Möglichen angesiedelt sind, diese aber dennoch nicht erreicht wurden. Das Gewicht, das trotz Training nach drei Monaten immer noch gleich ist. Die Rückenschmerzen, die trotz regelmässigem Krafttraining immer noch da sind …

Erfahrene Gesundheitsexperten analysieren deshalb das bisherige Training und bauen ein individuelles Coaching auf, statt Standardprogramme abzurufen, und sorgen so für Erfolgserlebnisse. Nutzen Sie deshalb immer die Unterstützung von Experten der Branche!